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Eine der letzten Szenen der Götterdämmerung zeigt die Konfrontation zwischen dem Mercedes der Rheintöchter und Brünnhildes Wohnwagen – eines Wohnwagens, der auf seltsame Art von einer metallenen Assemblage überragt wird, die an den Kopf eines Stieres erinnert. Fassungslosigkeit, Fragen… was hat es mit diesem neuen Rätsel auf sich ? Eine erste Spur führt uns zum bronzenen Stier des Phalaris, einem Folterinstrument, in dem die Gemarterten eingeschlossen wurden, um sie bei lebendigem Leibe zu rösten. Eine vernachlässigenswerte These, es sei denn, um sich sadistischerweise vorzustellen, wie Brünnhilde am Ende auf dem Scheiterhaufen goldgelb gebraten wird…

 Die zweite Spur führt uns zur tierischen Metapher : Die von einer Walküre und Patric Seibert in der Götterdämmerung geschwenkte rote Fahne erregt die Massen wie das scharlachrote Tuch des Torero den Stier in der Arena (siehe Artikel Anarchismus). Hiervon ausgehend fällt es schwer, in der offensichtlich absurden Auseinandersetzung nicht eine Anspielung auf das entsprechende Detail im Gemälde Guernica von Pablo Picasso zu sehen :

 Ein Artikel in der exzellenten „Voyage au cœur du Ring – Encyclopédie“ von Bruno Lussato 1 bekräftigt die geschaute Ahnung und versorgt uns mit mehreren Argumenten, die wir im Folgenden zusammenstellen :

 Wagner und Picasso einander nahe zu rücken ist alles andere als evident. Alles scheint die zwei Künstler in Opposition zu setzen, besonders die ideologischen Perspektiven, auf die Generationen von Kommentatoren sie festgelegt haben. Auslöser ihres unerwarteten politischen Engagements ist bei beiden ein politisches Ereignis. Für Picasso wird dies die Bombardierung der Stadt Guernica 1937 durch die deutsche „Legion Condor“ sein, die General Franco unterstützt, für Wagner die Dresdner Mairevolution von 1848. Obgleich Hofkapellmeister des Königs von Sachsen, verbindet ihn eine Freundschaft mit dem Anarchisten Bakunin ; er beteiligt sich äußerst aktiv am Aufstand der Stadt. In beiden Fällen werden die republikanischen Kräfte niedergeworfen und in ihren Geburtsländern zu Staatsfeinden erklärt. In gewisser Weise gibt sich der Ring als Protest gegen eine diktatorische Macht, die Tyrannei des Geldes und der Anwendung brutaler Gewalt.

 Die bewegte Entstehungsgeschichte der beiden Werke fördert Ähnlichkeiten in der Bedeutung der Themen und Leitmotive, wie in der Entwicklung der Intentionen des Beginns zu Tage. Darüber hinaus sind der Ring und Guernica zwei Werke im Übergang von der traditionellen zur großen (um nicht zu sagen sehr großen) Form. Picasso transzendiert die Errungenschaften des Kubismus und den Beitrag der mozarabischen und expressionistischen Kunst, während Wagner den Chromatismus des Tristan zu etwas entwickelt, das den streng symmetrischen Rahmen der großen romantischen Oper implodieren lässt. Als Ziel von Böswilligen wie von Vereinnahmungsversuchen, wurde Gemälde und Partition jeweils von kommunistischen oder antisemitischen und nationalistischen Ideologen in Anspruch genommen ; so dass Picasso auf der einen und Wagner auf der anderen Seite paradoxerweise Stalins und Hitlers Propaganda dienten.

 Als Opfer von Fanatismus und Idolatrie sind beide Werke in Castorf'scher Selbstreferenz vereint. Sich im symbolischen Duell gegenüberstehend, führten Pferd (Dampf) und Stier gewisse Kommentatoren zu dem Schluss, ersteres mit Nazideutschland und das Zweite mit den spanischen Republikanern zu assoziieren. Knüpfen wir die Metapher der beiden Tiere ans Metall, so haben wir einerseits den Mercedes als deutsches Pferd und zum Andern den spanischen Stier… samt der tiefer liegenden Anspielung auf den amerikanischen Einfluss (siehe Artikel Wohnwagen und Mercedes).

Da er die Götterdämmerung zu einer Art politischen Leinwand dramatischer und blutiger Resonanzen macht, kann man annehmen, dass Castorf ein Schlaglicht auf die Annäherung Wagner-Picasso wirft, um die Tatsache besser zur Geltung zu bringen, dass er die Rücken an Rücken (oder Maul an Nüstern, wenn man so will…) stehenden Ideologien von sich weist.

References   [ + ]

1. ↑ erschienen bei Fayard 2005, Seite 747 – 754
Foto Credit: © Bayreuther Festspiele/ Enrico Nawrath

Dieser Artikel wurde von Guy Cherqui und David Verdier verfasst

Frank CastorfGuernicaPatric SeibertPicassoStier

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Castorf / Wagner
Der Ring des Nibelungen
Bayreuth 2013-2017
Livre bilingue / Zweisprachiges Buch fr/de
Paru/Erschienen.
Contact / Kontakt: castorf.ringbook@wanderer.legalsphere.ch

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